Hundehaltung und Hundeverhalten

Wenn Hunde raufen, beißen, zwicken

von Angelika Schreiber

Raufende Hunde
Raufereien wirken manchmal heftiger, als sie sind. Foto: © Annie Kavanagh / flickr

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Viele Hundebesitzer werden sich irgendwann in einer Situation befinden, in der es zwischen dem eigenen Hund und einem anderen oder zwischen den Hunden eines Mehrhundehaushalts zu einer Rauferei kommt. Das ist nichts Ungewöhnliches – kleine Rangeleien und Machtkämpfe gehören zum Hundeleben dazu. Ich möchte Ihnen hier einen Überblick über mögliche Ursachen einer Rauferei, deren Ablauf und etwaige Folgen einer solchen geben und Möglichkeiten aufzeigen, wie man Raufereien vermeiden kann.

Mögliche Ursachen für Raufereien unter Hunden

  • Gleichgeschlechtliche Konflikte zwischen Rüde und Rüde bzw. Hündin und Hündin, „hormonbedingt“ oder auch „angelernt“
  • Konflikt um eine Ressource (Futter, Spielzeug, befreundeter Hund, Menschen …)
  • Territorialansprüche (Parkbank in der Hundezone, Garten, Häuserblock …)
  • Angst
  • Schmerzen
  • Vorherige schlechte Erfahrungen mit anderen Hunden
  • Stress und ungeklärte Schwierigkeiten in Mehrhundehaushalten
  • u. a.

Arten und Ablauf von Hunderaufereien

Bei Raufereien kann man grob zwischen Kommentkampf und Ernstkampf unterscheiden.

Der Kommentkampf ist eine lautstarke Auseinandersetzung und läuft nach klaren „Regeln“ ab. Mimik und Lautäußerungen sind eindeutig, beide Seiten vermeiden ernsthafte Verletzungen des jeweils anderen. Kleinere Schnapper und leichte Bisse sind aber durchaus möglich. Der Kommentkampf ist eher eine kurze Angelegenheit. Die Unterwerfungsgesten des Gegenübers werden meist akzeptiert und angenommen.

Beim Ernstkampf hingegen fehlen die eindeutige Mimik und das Drohen entweder gänzlich oder werden nur kurz gezeigt. Der Kampf verläuft nahezu lautlos und in der Absicht, den Gegner ernsthaft zu verletzen bzw. zu töten. Beim Ernstkampf kommt es auch zu tiefen Bissverletzungen, zum „Nachfassen“ mit mehrfachem Beißen und Totbeuteln. Unterwerfungsgesten werden ignoriert.

Folgen von Raufereien unter Hunden

  • Angst vor anderen Hunden und deshalb Flucht, Meideverhalten oder „Angstbeißen“
  • Gesteigerte Aggression gegenüber anderen Hunden
  • Unüberwindbare Konflikte im Mehrhundehaushalt, evtl. neues Zuhause für einen der Hunde
  • Angst/Aggression, Meideverhalten etc. manchmal nur bei Hunden, die dem früheren Gegner ähnlich sind
  • Mehr oder weniger starke Verletzungen durch Beißen in unterschiedlicher Stärke (von ausgerissenen Fellbüscheln und leichten Kratzern über kleine Löcher bis zu tieferen Bissen), in schwerwiegenden Fällen enorme Verletzungen besonders an Kopf und Bauchraum
  • Tod eines Hundes

Was tun bei einer Rauferei?

Wie man zu Raufereien steht bzw. ob man sich einmischen soll, muss jeder für sich entscheiden.

Oft wird empfohlen, einen Gegenstand zwischen die Hunde zu bringen, der Sichtkontakt und „Anstieren“ verhindert (Jacke, Decke, Zeitung etc.), oder die erhitzten Gemüter mit einem Strahl aus dem Gartenschlauch zu kühlen. Beim auch bekannten Hochheben der Hunde an den Hinterbeinen kann es zu erheblichen Verletzungen wie Hüft-, Bänder- und Knieverletzungen kommen. Diese Maßnahme sollte, wenn überhaupt, nur von erfahrenen Personen durchgeführt werden.

Meine persönliche Einstellung

  • Ist ein grober Konflikt in meinen Augen vorhersehbar, versuche ich die Situation zu entschärfen, indem ich ruhig zwischen die Hunde gehe und so Abstand zwischen den Hunden schaffe. Falls möglich können beide Hundebesitzer danach ihre Hunde ruhig anleinen und die Hunde voneinander entfernen. Auch Reden in fröhlicher Stimmlage kann hier helfen. Spricht man hingegen angespannt und nervös, fühlen sich manche Hunde in ihrer Aggression bestätigt.
  • Ein scharfes Ansprechen mit „Verschwinde!“ o. ä. bevor sich die Hunde schon sehr nahe sind, wehrt auch so manchen aufdringlichen Widersacher ab
  • Ich beobachte, ob sich andere, sozial „kompetente“ Hunde einmischen und ruhig splitten bzw. beiden Kontrahenten klar zeigen, dass hier keine Rauferei gewünscht ist
  • Konflikte gehören zum Hundeleben dazu, ist eine grobe Rauferei unwahrscheinlich, da beide Hunde gut sozialisiert sind, Unterwerfungsgesten akzeptieren und auch von der Körpergröße und Kraft ca. ebenbürtig sind, warte ich ab und lasse eine innerartliche Konfliktlösung zu
  • Oft werden „harmlose“ Rangeleien schnell von den Hunden gelöst und nach dem „Stress-Abschütteln“ geht jeder seines Weges oder es wird nach Klärung der Fronten sogar miteinander gespielt
  • Von der pauschalen Aussage „die Hunde machen sich das untereinander aus“ halte ich nichts, oft sagen das die Besitzer des größeren, stärkeren Hundes, die diesen auch nicht unter Kontrolle haben und diese Aussage als Rechtfertigung für ihre eigene Unzulänglichkeit vorschieben
  • Sofern keine Straße oder andere Gefahr in der Nähe ist, sollten beide Hunde abgeleint werden, damit sie natürliche Körpersprache zeigen und ausweichen können
  • „Erzfeinde“ erst gar nicht zu nahe kommen lassen, sondern ausweichen
  • Hilft auch kein konsequentes Verhaltenstraining bzw. effektives Vermeiden, kann man eine (evtl. zuerst chemische) Kastration in Betracht ziehen, wenn Konflikte hormonell bedingt sind

Auch hier muss jeder für sich entscheiden, wie er mit ernsthaften „hundlichen“ Konflikten umgeht. Wichtig ist aber, dass man nicht egoistisch dem eigenen „Raufhansl“ freie Bahn lässt, andere Hunde darunter leiden und teilweise beträchtliche gesundheitliche und psychische Schäden davontragen.

Wie man durch Lesen der „hundlichen“ Körpersprache Konfliktsituationen erkennen kann bzw. einfach in die Kommunikation zwischen Hunden (und auch zwischen Mensch und Hund!) „eintauchen“ kann, erfahren Sie auch in meinen Kursen und Trainingseinheiten.

Angelika Schreiber ist ausgebildete Hundeverhaltensberaterin in Wien. Sie hält regelmäßig Schul- und Kindergartenvorträge zum Thema „Kind & Hund“ und bietet Hausbesuche sowie Einzelstunden bei unterschiedlichen Problemstellungen an.

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